– Der neue Spielplan des Burgtheaters
Das Burgtheater freut sich über 90 Prozent Auslastung. Mit modernem Spielplan will Hartmann eine neue Saison starten. Schnitzler und Shakespeare als Klassiker zwischen modernen Inszenierungen mit Cyber-Gurus und Kampusch als Thema. Das Burgtheater will Jung und Alt ansprechen.
Matthias Hartmann, Direktor des Burgtheaters, ist bei der Präsentation des neuen Spielplans sichtlich stolz. „Es ist der vielfältigste und modernste Spielplan, den wir je hatten“, so Hartmann. Die Burg wird unter dem Titel „Will. Burg. Soll.“ stehen. Es sind sechs Uraufführungen und zwei österreichische Erstaufführungen geplant. Hartmann weiß, dass es eng werden könnte, kontert aber: „Die Menschen hier brauchen das Theater einfach.“ Dies bestätigt auch die 90-prozentige Auslastung des Burgtheaters. Doch der finanzielle Druck ist größer geworden, und somit sieht sich das Burgtheater nach fünf Jahren gezwungen die Ticketpreise zwischen ein bis drei Euro zu erhöhen. Laut Hartmann eine Erhöhung, die angebracht ist und vom Publikum auch verstanden werden wird, da durch das zusätzliche Geld ein neues Bühnenbild gekauft werden kann. Der Spielplan erstreckt sich über Premieren im Burgtheater, Akademietheater, Kasino und im Vestibül. Hartmann will internationale Projekte nach Österreich holen und den Fokus auf soziale Themen richten. Im Zentrum stehen jedoch die Schauspieler. Bekannte Namen wie Birgit Minichmayr, Johanna Wokalek, Joachim Meyerhoff und Martin Wuttke stärken das Ensemble des Burgtheaters.
Von Brecht bis Cyber-Guru
Die Saison wird mit Grillparzers „Die Jüdin von Toledo“ (Regie: Stephan Kimmig; 11. September) eröffnet. Im Akademietheater wird zum Saisonauftakt „Phädra“ von Jean Racine von Hartmann selbst inszeniert. Das Stück ist eine Koproduktion mit den Salzburger Festspielen (Premiere in Wien am 8. September). Ein weiteres von Hartmann inszeniertes Stück ist die Uraufführung „Das blinde Geschehen“ von Botho Strauß. Ein Stück, das laut Hartmann beim ersten Mal sehen nicht sofort verständlich ist (Februar 2011). Es handelt von einem Cyber-Guru in einer virtuellen Welt. Jan Lauwers zeigt eine Uraufführung mit dem Titel „Die Kunst der Unterhaltung: Needcompany spielt den Tod von Martin Wuttke“ (März 2011, Akademietheater). Martin Wuttke ist ein bekannter Schauspieler und seit 2009 Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters. Im März 2010 übernahm er in Thomas Vinterberg‘s Stück „Das Begräbnis“ die Rolle des Christian. In Lauwers Inszenierung geht es um den Schauspieler selbst, der beschließt sich das Leben zu nehmen. Dies solle er jedoch in einer Reality Sendung machen. Themen des Stückes sind der Verfall der Schauspielerei, Medienkritik und die Dekadenz des Westens. Nach dem Erfolg der ersten Folge „Life and times“ wird nun vom Nature Theater of Oklahoma „Life and times: Episode 2“ im Kasino inszeniert. Das Stück spielt in den1980er Jahren in der USA. Es handelt vom Erwachsen werden und von der Pubertät: Die erste Liebe, der erste Kuss und die ersten existenziellen Momente. „Zweite Luft oder Das Drama des Hans Orsolics“ von Franzobel erzählt die Geschichte des österreichischen Boxers Hans Orsolics, der zunächst eine steile Karriere als Profiboxer beginnt, jedoch durch private und finanzielle Schwierigkeiten einen sozialen Abstieg erlebt (Regie: Niklaus Helbling; Februar 2011 im Kasino). Orsolics konnte auch im wahren Leben einen großen Teil seiner Schulden durch Spenden abbezahlen und lebt nach wie vor in Wien.
Zwischen Neuem und Altem
Doch nicht nur Neues wird zu sehen sein. Hartmann weiß zwar, dass er nicht der beste Shakespeare Regisseur ist, will es aber dennoch noch einmal mit der Komödie „Was ihr wollt“ versuchen (Dezember 2010, Burgtheater). Da „Der Parasit“ in Zürich so erfolgreich war, wird auch das Schiller-Stück noch einmal von Hartmann inszeniert (Dezember 2010, Burgtheater). Die Premiere wird zu Silvester sein. Der „Hausregisseur“ Stefan Bachmann ist zwar erkrankt, wird aber dennoch „Die Beteiligten“ inszenieren. Ein Drama von Kathrin Röggla, dass die Geschichte von Natascha Kampusch aufgreift (Oktober 2010, Akademietheater).
Auch Christoph Schlingensief wird wieder ein Stück inszenieren. Die Uraufführung „Parenté à plaisanterie“ ist eine Koproduktion der Wiener Festwochen (Mai 2011 im Burgtheater). Roland Schimmelpfennig ist eigentlich Autor, versucht sich aber mit seinem eigenen Stück „Peggy Pickit sieht das Gesicht Gottes“ auch als Regisseur (Dezember 2010, Akademietheater). Brechts „Die heilige Johanna der Schlachthöfe“ wird von Michael Thalheimer, dem großen Kürzer, inszeniert (Oktober 2010, Burgtheater). Birgit Minichmayr wird als Lulu zu sehen sein (Regie: Jan Bosse; Mai 2011 im Burgtheater). Hartmann will mit dem neuen Spielplan Mut beweisen. „Theater bleibt immer ein Experimentierfeld. Künstlerischer Raum muss immer riskant sein“, so der Direktor. Hartmann freut sich auch darüber, dass Kinder wieder zu Theatergängern werden. Die „Junge Burg“ zeigt daher das Stück „Rasmus, Pontus und der Schwertschlucker“ von Astrid Lindgren (Regie: Annette Raffalt, November 2010 im Akademietheater).
(PG)
Michael Hartmann
Michael Hartmann wurde 1963 in Osnabrück (D) geboren. Zunächst war er in deutschen Schauspielhäusern tätig, danach in Zürich. An der Wiener Staatsoper inszenierte er 2009 „Lady Macbeth von Mzensk“. Seit September 2009 ist Hartmann Direktor des Burgtheaters.
Seine Premieren in der Spielzeit 2010/2011:
• „Phädra“ von Jean Racine (8. September 2010 im Akademietheater)
• „Was ihr wollt“ von William Shakespeare (Dezember 2010 im Burgtheater)
• „Der Parasit“ von Friedrich Schiller (Dezember 2010 im Burgtheater)
• „Das blinde Geschehen“ von Botho Strauß (Uraufführung im Februar 2011 im Burgtheater)
Mehr zum Spielplan:
www.burgtheater.at
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