Leben & Persönliches

Momentaufnahmen – Ekel

21. Mai 2010

Sie sitzt vor einem halbleeren Glas Wasser und denkt nach. Über die Worte die in ihrem Kopf nachhallen. Denn wenn sie so darüber nachdenkt … es hat sich nichts geändert.

#1
Sie liegt auf dem Bett, befühlt ihren Bauch. Haut, Fett, Wärme. Sie setzt sich auf. Mehr. Ihre Beine, vor allem die Oberschenkel wirken überdimensional. Sie fühlt sich. Eklig. Ihr ganzer Körper scheint nicht zu ihr zu passen. Falsch. Weg damit.

#2
Sport. Sie geht raus. Läuft durch den Regen und fühlt sich. Wah. Die Kälte und die Nässe durchdringt ihre Schuhe, dann die Socken. Kalt. Sie läuft weiter. So schnell sie kann. Nach ein paar Metern wird ihr schwindelig. Die Steine bohren sich in ihre Fußsohle. Die Haare hängen ihr nass ins Gesicht. Laufen! Weiter! Sie wird langsamer. Die Bäume beginnen sich zu drehen, die Farben der Felder und die des Himmels vermischen sich. Sie atmet. Schwer. Dunkelheit.
Sie erwacht von den Schmerzen. Die Steine bohren sich in ihren rechten Wangenknochen. Sie war kurz weg. Sie fühlt ihren Körper. Igitt. Sie versucht aufzustehen. Dunkelheit. Es ist zu viel. Sie ruht sich kurz aus. Liegen.

#3
Sie sitzt vor dem Teller. „Iss“ – „Nein, one moment on your lips, forever on your hips.“ Stimmen. Schreie! Ein Bissen im Mund. Kauen. 50 Mal. Schlucken. Würgen. Sie kann nicht mehr essen. Nicht essen. Will nicht. Sie steht auf und geht.

#4
Aufwachen. Aufstehen. Ins Bad – Toilette, Zähne putzen, Gesicht waschen. Ein Blick in den Spiegel. Ekel. Kurze Angst. Auf die Waage. Tränen, innerliches Schreien. Wut. Auf sich selbst. Sport. Ohne Frühstück. Nie wieder.

#5
Zuhause. „Hast du zugenommen?“ „Du solltest gesünder essen.“ „Deine Schwester ist viel schlanker als du, und dass obwohl sie viel älter ist.“ „Willst du nicht mal raus gehen, spazieren oder so?“ „Das hättest du besser machen können.“ „Sie war nie so wie du.“ „Warum bist du nicht so wie deine Schwester?“ „Was haben wir nur falsch gemacht?“
Stimmen. Immer. Zweifel. Angst. Hass – nicht auf sie, auf sich selbst. Sie sitzt da. Flashbacks. Die Momente ziehen vorbei. Sie wird sie nicht vergessen können. Sie nagen an ihrem Verstand. Sie verursachen Selbstzweifel. Sie machen ihr Angst. Sie bringen sie dazu. Sie kann nicht anders. Sie muss es tun. „Challenge!“ Sie ist kein ganzer Mensch, sie ist nicht wertvoll, nicht gut genug. Ein bisschen weniger von ihr ist besser. Weg.

#6
„Du bist immer selbstbewusst, sicher und selbstverliebt.“ Sie lacht. Alle haben sie keine Ahnung. Schein. Spiel. Schutz. Sie lacht. Sie weint. Niemand versteht es. Er steht da. Nichts. Sie schreit, innerlich. Keine Antwort. Angst. Kreislauf. Alles wieder von vorne? Alles wieder wie früher? Wird sich nie etwas ändern? Normal?

#7
Luft. Atmen. Hinfallen. Liegen bleiben. Aufgeben.
Ihr habt gewonnen.

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