Ich habe nun mit meinem Freund angefangen, die Imdb-Filmliste abzuarbeiten, gestern war „Taxi Driver“ dran. Ich werde euch nun zu jedem gesehenen Film ein bisschen Bericht erstatten. Schließlich zählen alle Filme zu den Klassikern, ob verdient oder nicht, wird sich heraus stellen.
Amokläufer als Held
Taxi Driver spielt in den 70er Jahren in New York und erzählt die Geschichte des Taxifahrers Travis Bickle. Travis Bickle ist ein 26-jähriger junger Mann, der ein isoliertes und einsames Leben führt. Er ist von der Stadt, den Schmutz und der Gewalt angewidert und will etwas daran ändern. Als Taxifahrer begegnen ihm ständig zwielichtige Gestalten. Männer, die die Rückbank als Bordell verwenden und andere, die junge Frauen zwingen mit sich mitzukommen. Dieses junge Mädchen ist Iris (Jodie Foster), die von ihrem Zuhälter Sport (Harvey Keitel) aus dem Taxi gezerrt wird um nicht abhauen zu können. Doch auch der Präsidentschaftskandidat Palantine steigt in sein Taxi. Travis steigert sich in einen Wahn, und plant nach und nach Palantine zu erschießen. Zuvor jedoch verliebt er sich in dessen Wahlkampfhelferin Betsy (Cybill Shepherd) die seine Liebe zurückweist. Travis vereinsamt immer mehr und kauft sich Waffen. Vor dem Spiegel übt er den perfekten Amoklauf. Am Ende jedoch erschießt er Sport und seine Leute um Iris zur Vernunft zu bringen, sie ist ein Kind und soll wieder zu ihren Eltern zurückkehren. Nach dem Attentat wird Travis als Held gefeiert.
„How far will I go?“
„Die soziologische Horrorgeschichte liefert eine düstere Bestandsaufnahme der US-Gesellschaft und New Yorks vor dem Hintergrund der Folgen des Vietnamkriegs und der wirtschaftlichen Rezession“, so Wikipedia. Die Themen Vietnamkrieg und wirtschaftliche Rezession werden zwar am Rande angesprochen und angedeutet, kommen jedoch nicht klar heraus. Es wird deutlich, dass Travis mit der Situation in seiner Stadt nicht zufrieden ist, es widert ihn an. Dennoch arbeitet er als Taxifahrer und fährt an die Orte die er eigentlich verabscheut. Er ist einsam und denkt das Einzige Mittel gegen alles sei ein Amoklauf. Er will etwas ändern. Gewalt gegen Gewalt. Sein Äußeres wird radikal verändert, er trägt eine Art Militärjacke und schneidet sich einen Irokesenschnitt. Scorsese wollte die schmalen Grate zwischen Wahnsinn und Gerechtigkeitssinn, Held und Verbrechen und Weltschmerz und Frustration. So ganz gelungen ist ihm das meiner Meinung nach nicht. Der Film wirkt unfertig und unterkühlt. Vor allem die immer wiederkehrende Musik von Bernhard Herrmann wirkt monoton und einfallslos. So ganz klar ist mir nicht, warum der Film so hochgelobt wird. Die Aufnahmen sind teilweise fesselnd teilweise viel zu langatmig und zu langweilig. Cybill Shepherd ist unterkühlt, man blickt nicht hinter die schöne Fassade. Robert De Neiro ist Method-Actor, dies zeigt sich auch in seiner Art Travis zu spielen. Die Verwandlung ist sichtbar, aber nicht eindeutig. Die junge Jodie Foster ist kaum zu erkennen, wurde aber durch diesen Film bekannt. Mit Sicherheit nicht Scorceses bester Film – zumindest meiner Meinung nach nicht. Neuere Film wie „Shutter Island“ wirken für mich als Gesamtbild besser und einleuchtender.
Bewertung: 6/10
Oder könnt ihr mir sagen, warum dieser Film so hochgelobt wird?
5 Comments
Hm. Stimmt. Jetzt wird mir das auch ein bisschen klarer.
Vor allem das Ende – womöglich ist das alles nur sein eigener Traum, seine Wahrnehmung. Er will ein Held sein und Betsy wieder sehen. Ich denke das ist alles nur ein Hirngespinst seinerseits und entspricht nicht der „Realität“.
Das war auch Absicht, Travis ist ja auch Rassist, und da wir den Film sozusagen aus seiner Sicht erleben, sind viele der Bösen eben Afro-Amerikaner.
Und beim Ende (die Szene mit Betsy) ist absichtlich unklar, ob das nun wirklich passiert ist, oder ob er es nur träumt.
Danke für eure Kommentare.
Stimmt. Man muss den politischen und gesellschaftlichen Kontext auf jeden Fall mitdenken. Das hab ich vielleicht im ersten Moment alles ausgeklammert – einfach weil es auf den ersten Blick nicht wirklich gesehen werden kann. Erst wenn man sich mit dem Film beschäftigt, recherchiert erkennt man die wirkliche Geschichte dahinter. Ich verstehe, dass die Story dahinter gut ist, nur die Umsetzung gefällt mir irgendwie nicht. Ich fands seltsam, dass die Bösen immer die Afro-Amerikaner waren: Die Kinder, die das Taxi mit Eiern bewerfen, der Räuber den Travis erschießt, und vorwiegend auch die Prostituierten.
Auch Einstellungen waren teilweise zu lange auf eine Sache gerichtet. Es war irgendwie schleppend. Das Ende war wirklich zynisch. Warum Betsy dann auf einmal wieder auftauchte verstand ich nicht so ganz. Es war irgendwie ein bisschen überspitzt.
Wenn du bemängelst dass der historische Hintergrund nicht deutlich genug vermittelt wird dann täuschst du dich, man muss sich für einen Film der schon 34 Jahre alt ist selbst hineinversetzen, hineinlesen in die Geschichte der damaligen Zeit, etwas was ein Zuschauer im Jahre 1976 nicht brauchte weil ihm war die Zeitgeschichte klar und deutlich vor Augen. Man kann muss in 2010 einfach noch ein paar andere Film aus dieser Zeit sehen um ein besseres Bild zu kriegen und die damaligen Filme zu mögen, es muss ja nicht genau das gleiche Genre sein:
* Fritz The Cat vier Jahre vorher um den Übergang von der Hippie-Kultur zur Resignation und Fall in die harten Drogen kennenzulernen
* The Conversation von 1974 um das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber Regierung und Business kennenzulernen. Hier wurde Watergate vorweg genommen auch wenn der Film erst kurz nach dem Skandal in die Kinos kam.
* A Boy and His Dog von 1974 zeigt eine post-nukleare Dystopie in der die einzige Motivation des Hauptdarstellers die Vergewaltigung von Frauen ist.
* Super Fly als erster großer Erfolg der Blaxploitation der New York aus Sicht von Drogendealern zeigt
Die 60er und 70er waren eine Zeit der politischen Attentate, CIA-Aktivitäten in Südamerika und der Unzufriedenheit sowohl mit Poltik als auch mit der Wirtschaft. Auch wenn z.B. Nixon einige gigantische Erfolge leisten konnte die erst später Früchte trugen, das Bild das wir von ihm un den Poltikern dieser Zeit haben ist ein Negatives. Der Vietnamkrieg als Trauma blieb weit über Kriegsende erhalten.
Das New Hollywood war das ideale Hilfsmittel um die gesellschaftlichen Umbrüche zu zeigen, plötzlich machten die Babyboomer Kino für ihre eigene Generation und konnten den Pathos und die künstlichen Welten des alten Hollywood hinter sich lassen. Aber es dauerte nicht lange bis das New Hollywood assimiliert wurde und die 80er waren ein extrem langweiliges Jahrzehnt für’s Kino.
„Are you talkin‘ to me? Well, I’m the only one here.“ Ich glaub dieses Zitat aus dem Film beschreibt den Film am besten – und auch warum er so gut ist. Es ist einfach die Geschichte eines Vietnam-Veterans, der es nicht schafft sich wieder in die Gesellschaft einzufügen, Kontakt mit seinen Mitmenschen aufzubauen, der an seiner Einsamkeit leidet. Und dieses Gefühl kennen vielleicht viele Menschen, und manche Menschen sehr gut – sie verstehen wie es ihm geht, alleine mitten in einer Grossstadt.
Seine Versuche die Wahlhelferin zu daten zeigen das besonders gut – seine Idee eines Dates ist mit ihr in ein Pornokino zu gehen (was auch eine Facette des Charakters ist: Er verbringt den Großteil seiner Freizeit in Pornokinos, ist aber offenbar von Sex angewidert).
Dann ist da noch Iris, die Kinderprostituierte. Travis macht es sich zu seiner Aufgabe sie zu retten und zu ihren Eltern zurückzubringen, obwohl sie anscheinend von Zuhause weggelaufen ist. Travis sieht diese „Aufgabe“ als sein Weg zur Erlösung aus seinen eigenen Leiden an.
Das Ende fand ich herrlich zynisch: Jemand, der ein nur knapp schief gegangenen Anschlag auf einen Präsidentschaftskandidaten verüben wollte, richtet ein Blutbad an, und wird dann von den Medien als Held gefeiert.
(Sorry wenn das etwas unzusammenhängend ist, aber es ist eine Weile her das ich den Film gesehen hab)