Schon mal darüber nachgedacht sich einen E-Bookreader zu kaufen? Ja? Aber welchen? Vielleicht einen Kindle? Es folgt nun ein Gastbeitrag von einem Kindle-Besitzer. Ich muss gestehen, dass ich mich bisher noch nicht ausreichend mit dem Kindle beschäftigt habe um ein Review darüber schreiben zu können, daher lasse ich nun erstmal den Experten sprechen:
Die dritte Generation von Amazons E-Book-Reader “Kindle” ist nun schon seit fast vier Monaten auf dem Markt. Dennoch herrscht noch einige Verwirrung darüber, was das Gerät kann, und was es nicht kann.
Um für all jene, die überlegen, einen Kindle zu kaufen, Klarheit zu schaffen, habe ich ein Interview mit einem Kindle-Besitzer geführt: mit mir selbst.
Der neue Kindle ist derzeit nur auf Amazon.com, nicht aber auf Amazon.de erhältlich. Wie viel kostet mich die Bestellung nun wirklich?
Ich habe die WiFi-Ausgabe bestellt, die $139 kostet. Inklusive Verpackung, Versand und Importgebühren (ca. 41 Euro) habe ich 149,40 Euro (nicht Dollar!) gezahlt.
Die 3G-Variante kostet $189. Ich nehme an, die Gebühren sind hier gleich hoch.
Welche Dateiformate unterstützt der Kindle?
Die E-Book-Formate AMZ und MOBI, sowie PDF, TXT und viele Bildformate. Zudem kann der Kindle MP3s abspielen; dieses Feature ist zwar nur experimentell, funktioniert aber ziemlich gut. Als MP3-Player lässt er sich dennoch nicht benutzen, da man keine Infos angezeigt bekommt, was gerade abgespielt wird. Man kann auch nicht zum vorherigen Lied springen, sondern nur zum nächsten.
Der PDF-Reader, der in den früheren Versionen des Kindle nur eingeschränkt funktioniert hat, funktioniert in der neuesten Generation hervorragend.
Was ist mit dem beliebten EPUB-Format?
Dieses wird nicht unterstützt. Allerdings gibt es viele Konverter, die dieses Problem umgehen können. Ich empfehle dafür Calibre.
Hält der Akku wirklich so lange, wie Amazon behauptet?
Ja. Ich besitze mein Gerät nun schon seit 3 Monaten und musste es erst drei mal aufladen. Hätte ich nicht ständig WLAN aktiviert, würde er noch viel länger halten.
Die vermutlich wichtigste Frage: Wie gut liest es sich mit dem Gerät?
Sehr sehr gut. Der Text ist so scharf, als wäre er gedruckt, die Textgröße lässt sich anpassen, von winzig klein, bis riesengroß. Auch Schriftart und Zeilenabstand lassen sich einstellen. Das Umblättern (die Archillesferse einiger anderer E-Book-Reader) geht sehr schnell; es dauert nicht viel länger als das Auge braucht, um von der letzten wieder in die erste Zeile zu springen. Das Umblättern in einem richtigen Buch benötigt deutlich mehr Zeit.
Welche Vorteile bringt mir Amazons “Whispernet”?
Whispernet ermöglicht es, die eigene Bücher- und Dokumentesammlung auf allen Geräten zu synchronisieren. Amazon bietet Kindle-Apps für Android, iPhone und PC an. Wenn ich ein Buch kaufe, steht es mir auf allen Geräten zu Verfügung. Nicht nur das: Wenn ich auf einem Gerät in einem Buch bis Seite 30 lese und später auf einem anderen Gerät weiterlesen will, so wird das Buch dort automatisch auf Seite 30 aufgeschlagen.
Kann ich den Kindle als Comic-Reader benutzen?
Ja. Dieses Feature ist allerdings gut versteckt: Zunächst muss man den Kindle mit einem PC verbinden und einen Ordner namens “pictures” anlegen. In diesem wird pro Comic ein Unterordner angelegt, welcher so wie der Comic heißt und die einzelnen Seiten als Bilder enthält. Diese sollten durchnummeriert sein. Danach muss man auf dem Kindle Alt+Z drücken. Daraufhin erscheint der Comic als neuer Eintrag in der Buchliste.
Es gibt zwei Versionen des neuen Kindle: Eine WiFi- und eine 3G-Version. Was unterscheidet die Beiden?
Es gibt eigentlich nur einen Unterschied: Die 3G-Version verfügt neben der WLAN-Schnittstelle auch über eine mobile Datenverbindung. Für diese wird keine SIM-Karte benötigt und es fallen auch keine Kosten an.
Heißt das, ich kann mit dem 3G-Kindle unbegrenzt gratis im Internet surfen?
Nicht ganz: Buchdownloads aus dem Kindle-Store sind grundsätzlich zwar immer gratis (die Kosten für das Buch selbst natürlich ausgenommen), und zwar weltweit. Amazon hat Verträge mit Mobilfunkanbietern in über 100 Ländern und übernimmt die Kosten, die für die Datenverbindung anfallen. Der Transfer von persönlichen Dokumenten hingegen kostet weltweit $0,99 pro Megabyte. Allerdings besteht die Möglichkeit, beliebige Dokumente gratis auf den Kindle zu schicken: Jeder Kindle hat eine frei wählbare E-Mail-Adresse nach dem Schema “beliebiger-name@free.kindle.com”. Schickt man Dokumente an diese Adresse, so werden sie gratis an den Kindle übertragen. Inkompatible Dateiformate werden automatisch in ein kompatibles Format konvertiert.
Der neue Kindle besitzt einen Webbrowser. Je nach Land, in dem der Kindle registriert ist, hat dieser im 3G-Modus entweder nur Zugang zu Amazon und Wikipedia (so ist es derzeit in Österreich, wenn ich richtig informiert bin), oder sogar unbegrenzten Zugang zum gesamten Web. Amazon behält sich vor, die Bedingungen jederzeit zu ändern. Im WiFi-Modus ist der Zugang natürlich immer uneingeschränkt.
Apropos Browser: Was kann dieser, was kann er nicht?
Der Kindle-Webbrowser verwendet die Webkit-Engine und stellt Webseiten somit ziemlich genau so dar wie z.B. Google Chrome, nur natürlich in Graustufen. JavaScript ist kein Problem; Seiten wie Twitter und Facebook funktionieren also uneingeschränkt. Sogar der Facebook-Chat lässt sich benutzen. Komplexe Seiten stocken allerdings ein wenig. Das liegt einerseits am Prozessor, der natürlich nur begrenzt stark ist (immerhin 532 MHz Höchstleistung wird angegeben), andererseits an den Eigenschaften des Bildschirms: Dieser ist beim Anzeigen von Text zwar sehr schnell, braucht beim Rendern von Bildern aber einige Zeit (ein mal Scrollen auf Facebook: geschätzte 200 bis 300 Millisekunden; für die Darstellung von Animationen ist das natürlich zu langsam).
Unterstützung für Flash und Java gibt es keine.
Zusammenfassend: Ist der Kindle die Investition wert? Bist du zufrieden damit? Welche Version sollte man sich kaufen?
Ich bin fast uneingeschränkt zufrieden damit. Ich vermisse nur ein Feature: Im PDF-Modus einen Bereich auswählen zu können, welcher dann auf allen folgenden Seiten zentriert und gezoomt angezeigt wird. Das wäre bei Dokumenten mit großem Seitenabstand praktisch. Im E-Book-Modus hingegen habe ich keinen einzigen Kritikpunkt finden können.
Die knapp 150 Euro, die ich gezahlt habe, waren also wirklich gut investiert (derzeit ist der Dollar schwächer als damals; aktuell wären es wohl ca. 145 Euro). Der Kindle ist sein Geld wert.
Für welche Version man sich entscheidet, hängt davon ab, wie und wo man ihn verwenden will. Die 3G-Version hat den Vorteil, dass ich immer und überall ein neues Buch kaufen und herunterladen kann. Ich wohne aber in einer Großstadt und bin nie weiter als 5 Minuten von einem freien WLAN entfernt. Daher habe ich mich für die günstigere WiFi-Variante entschieden.
Gastbeitrag von Patrick M.
Weiterer Gastbeitrag: Tag 28 – Kunst
4 Comments
haha doch tun sie leider ich habs in der letzten spiegel-ausgabe gelesen:
„Viele E-Book-Anbieter halten die elektronischen bücher auf zentralen Servern vor, von wo aus sie teils sogar übers Handy-Netz mit diversen anderen elektronischen Geräten synchronisiert werden, vom Smartphone bis zum Rechner im Büro. …Amazon weiß nicht nur, was du letzte Nacht gelesen hast – der Konzern teilt es auch der ganzen Welt mit: So werden elektronische Unterstreichungen für die Bestsellerliste „Most Highlighted Passages of All Time“ ausgewertet.“ (Der Spiegel Nr. 51/20.12.10 S. 134)
@ Petra: Auf jeden Fall! 🙂
@ Julian: Ich hoffe mal, sie tun das nicht wirklich. Dann wüssten die doch, dass ich immer die schlüpfrigen Stellen unterstreiche …
gute übersicht
das blöde an der ganzen kindle-sach ist nur dass amazon mitliest und sozusagen weiß was man letzte nacht gelesen und sogar unterstrichen hat….
Vielen Dank für diese ausführliche Rezension. Überlege nun schon etwas länger, ob ich mir das hübsche Ding nun kaufen soll oder nicht, das erleichtert meine Entscheidung. 🙂